Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2.4.2019 - VI ZR 13/18

Ein dementer und bewegungsunfähiger Patient, welcher keinen eigenen Willen äußern kann und auch keine Patientenverfügung verfaßt hatte, wird u.a. künstlich ernährt. Seine Einstellungen zu lebenserhaltenden Maßnahmen und deren Abbruch konnten nicht rekonstruiert werden.

Der durch die künstliche Ernährung ermöglichte Zustand des Weiterlebens mit krankheitsbedingten Leiden steht dem Zustand gegenüber, wie er bei Abbruch der künstlichen Ernährung eingetreten wäre, also dem Tod. Das menschliche Leben ist ein höchstrangiges Rechtsgut und absolut erhaltenswürdig. Das Urteil über seinen Wert steht keinem Dritten zu. Deshalb verbietet es, das Leben -auch ein leidensbehaftetes Weiterleben- als Schaden anzusehen (hierzu auch Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgedetzes).

Wenn kein Schaden vorliegt, kann es keinen Schadensersatzanspruch geben.

Der Kläger des Verfahrens hat als Erbe des Patienten Schmerzensgeld aus ererbtem Recht und Ersatz (unnötiger) Behandlungs- und Pflegeaufwendungen vom behandelndem Arzt verlangt.

Der Bundesgerichtshof hat sich in dem speziellen Fall nicht die Bemerkung verkneifen können, dass etwaige Pflichtverletzungen des Arztes rechtlich nicht dazu führen müssen, den Erben das Vermögen des Patienten ungeschmälert zu erhalten.

gefunden in Forum Familienrecht 6/2019